Die Urlaubs- und Ferienzeit bringt oft die Frage auf, wo könnte ich in diesem Sommer meine Zeit verbringen und dabei fotografieren. Dabei muss es nicht immer die Ferne sein und weite Flüge, um spannende Landschaften zu finden. Fast vor der Haustüre liegen atemberaubende Berge, grüne Bergseen, schneebedeckte Gipfel und Gletscherzungen, nämlich in den Schweizer Alpen.
Je nach dem wo ihr lebt, ist eine Reise in die Schweiz gar nicht so weit. Meine Heimatregion im Südwesten Deutschlands ist dafür ein guter Startpunkt.
Etwas weniger als vier Autostunden sind es aus der Nähe von Karlsruhe bis in die fotogenen Regionen. Schöne Plätze in den Alpen gibt es viele, besonders schöne und für uns Landschaftsfotografen herausragende sind zum Beispiel der Klassiker schlechthin, die Region um das Matterhorn herum, die Alpenpässe Furka und Susten, die Region um die Verzascaschlucht oder der Oeschinensee, um nur einige zu nennen.
Mich fesseln die hohen Berge, die schiere Wucht und Größe, die mir immer aufs neue zeigen, wie unbedeutend und unwichtig ich hier bin. Da liegen Granitbrocken am Seeufer, die irgendwie von den hohen Felsenwänden hier her gekommen sind. Wann und wie das passiert ist, wie lange die hier noch liegen werden ist irgendwie wie die Frage nach dem Sinn des Lebens.
Wenn ich hier an meinem Stativ stehe und auf das Licht warte gehen mir immer wieder solche Fragen durch den Kopf. Ich habe Zeit zu beobachten, zu glotzen und zu staunen. Die Alpen bröseln ganz langsam auseinander. Weit oben sind Linien und Wellen im Gestein zu sehen, die Zeugen der Auffaltung der Berge sind. Weiter unten häuft sich Geröll an. Kiefern stehen trotzig und selbstbewusst an Hängen und Abgründen, würzig duftet am Abend die Luft.
Das Schmelzwasser füllte viele kleine Wasserfälle und es rauscht und plätschert. Ein kleines Abenteuer, Wildnis und Ruhe vom Alltag. Mir reichen hier zwei, drei Tage um den Kopf freizuballern.
SUSTENPASS
Für den bequemen Fotografen, der weite Wanderungen und Gepäck schleppen nicht mag, bieten die Alpenpässe ideale Fotospots. Nur 10 Gehminuten von den Passstraßen finden sich zahlreiche Fotospots.
Noch vor dem Gotthardtunnel verlässt man die Autobahn und folgt der Beschilderung zum Pass. Die Fahrt hier hoch ist wie TV schauen. Ich könnte ständig anhalten und die Landschaft genießen. In einer engen Kurve fällt ein Bergbach die Felsen hinab. Weiter oben am Pass liegt Ende Juni noch Schnee. Der lässt sich schön ins Bild einbauen, die Natur fängt an zu grünen und die steil stehende Sonne schmilzt den Winter weg.
FURKAPASS
Auf einer Reise an die Ligurische Küste mache ich hier einen Abstecher. Vor dem Gotthardtunnel einfach runter von der Autobahn und hinauf zum Pass. Es ist nach Mitternacht, als ich auf runden 2300 Metern mit der Stirnlampe aus dem Auto steige. In der Dunkelheit rauscht es gespenstisch.
Ich hatte diesen Punkt vorher virtuell gescoutet. Die Nacht wird durchgemacht, ich balanciere nicht ganz so wach über Schneefelder, die von einem Schmelzwasserbach unterspült werden. Es ist nicht ganz einfach, mit der Stirnlampe und Rotlicht in der Dunkelheit treffsicher über den Bach zu springen, batsch, stehe ich doch mit einem Stiefel im eiskalten Wasser, der sich auch darauf schnell mit selbigem füllt. Egal, das ist jetzt halt so, nass und kalt. Ersatzsocken warten im Auto. Rings um mich herum zucken Blitze aus dem 90 km entfernten Gewitter bei Bern über die Berge. Der Himmel ist zum Glück klar und der Sternenhimmel ein Traum. Bis zur Astronomischen Dämmerung bleibe ich in dieser Ecke hängen, dann geht es weiter zum Morgenlicht am Rhonegletscher. Zum Glück habe ich die Spikes dabei. Die diagonal verlaufenden Schneefelder, die hart gefroren sind, sind extrem gefährlich, ich bin dazu müde und nicht ganz so stabil auf den Beinen.
GRIMSELSEE
Der Grimselpass liegt zwischen Susten und Furka. Ein kleiner Bergsee schimmert grünlich, die Eisbocken darin schwimmen wie kleine Eisberge sanft vom Wind bewegt. Als ich hier war, war das Wetter nicht gut, dicke, tiefe Wolken, heftiger, kalter Wind machten das Fotografieren nicht zum Vergnügen. Eigentlich war mein Ziel ein kleiner Bergsee etwas weiter oben. Doch der Weg dahin war noch gesperrt, der Schnee war aktuell noch zu hoch.
OESCHINENSEE
In der Zentralschweiz und damit im Herzen der Alpen findet ihr die Region um Kandersteg. Zauberhaft türkis schimmert der Blausee, gespeist von Quellen liegt hier Totholz im klaren Wasser. Mir war nicht bewusst, dass es sich um solch einen Touristenmagneten handelt. Der Eintritt kostet 8,- Schweizer Franken. Am Eingang schwand mir schon Böses. Ein Kinofest am See, oh je. Mitten in dem See steht eine 10×4 Meter große Leinwand. Super, ich kann meine Begeisterung kaum in Worte fassen. Eigentlich wollte ich den See eh nur mal erkunden und das eine oder andere Bild mitnehmen. Die Uhrzeit ist nicht gut, das Licht hart und das Seeufer voller Menschen. Ein Boot schippert die Besucher über den See. Ein Fotografenalptraum.
Doch das Ziel heisst Oeschinensee, von Kandersteg leicht per Seilbahn zu erreichen. Von der Bergstation sind es zu Fuß entspannte 20 Minuten zum Seeufer. Die Schlepperei mit dem Kamerarucksack voller Ausrüstung, Schlafsack, Iso-Matte, Zelt und Flaschenbier ist jetzt weniger entspannend.
Leider hängen hier tiefe Wolken hartnäckig in den Bergen. Mein Plan war Alpenglühen und vom Mondlicht beschienen Gipfel. Das war nicht von Erfolg gekrönt, dafür machte ich ein paar Langzeitbelichtungen, wofür der Wolken verhangene Himmel sich anbot.
Die Dämmerung schimmert durch das Zelt und weckt mich früher, als mein Wecker es getan hätte. Der Himmel war nun frei und der Blick in Richtung Westen verhieß Belohnung. Schnell rein in die Klamotten, Rucksack schultern und ab auf die Anhöhe. Dieser Spot war nicht so auf meinem Radar. Während die Wolken schnell durch die Berge zogen, leuchtet die Morgensonne die Gipfel an. So war das bestellt und nicht anders! Ich höre von weitem Kuhglocken und ein paar Minuten später sehe ich auch die dazugehörende Herde auftauchen, welche sich zielstrebig auf mich zu bewegt. Ich stecke im Dilemma, aktuell läuft eine Zweiminuten-Belichtung, die neugierigen Glocken kommen immer näher, uns trennen noch zehn Meter, ich schnappe den Rucksack, den Blick zum Fluchtweg und eine Hand am Stativ und werde recht zappelig. So lange sind zwei Minuten???? Es macht klack und der Verschluss geht zu, jetzt aber schnell weg hier! Der Morgen wird echt gut, die Berge werden gelb angeleuchtet und ich suche die am Abend zuvor festgelegten Spots auf.
VERZASCA
Nördlich des Lago Maggiore, in den südlichen Alpen, bildet die Verzasca eine in das Granit geschliffene Schlucht. Ich liebe diese grünlich schimmernden Bergbäche. Der Fels ist extrem glatt und nur mit guten Schuhen solltet ihr euch hier vorsichtig fortbewegen. Der klassische Shot mit der Kirche der Ortschaft und der Schlucht funktioniert in meinen Augen gut, wenn der Himmel bedeckt ist oder die Sonne noch sehr tief steht.
Wer von euch wie ich die Berge liebt und noch nicht so verbrauchte Fotospots sucht, wird in der Schweiz fündig werden. Weit weg von den großen Spots gibt es zahlreich kleine Schätze. Apropos Schätze, was ihr für die Schweiz braucht ist Geld. Die Autobahnvignette mit runden 38,- ist noch das günstigste. Für ein Abendessen pro Person sind schnell 30,- bis 40,- weg.
Eine Übernachtung kostet bei gleichem Standard circa das doppelte, die Schweiz ist teuer. Jedoch bekommt ihr dafür viel Landschaft und Natur geboten.
Raik
Hallo Ihr beiden 😉
Fotografieren ist für mich das Aufsaugen vor Ort mit allen Sinnen. Deshalb nutze ich gelegnetlich meinen Soundrekorder. Das muss ich in Zukuft wieder öfter machen.
Es ist oft so viel Zeug mitzuschleppen, gerade wenn ich auf Reisen bin und dann noch mein Filmzeug dabei habe.
Seid herzlich gegrüßt
Raik
Hallo Raik,
das sind ja super Bilder die du da hast. Besonders gut finden wir aber die Idee mit dem Soundfile, wenn man den während des Lesens abspielt, fühl man dich als wäre man dort 🙂
Viele Grüße,
Tanja und Martin
Christian, lieben Dank für Deine Worte. In der Tat ist Wetter in den Bergen schwierig. Man kann Glück haben oder eben auch Pech. Ein Besuch im Herbst habe ich noch auf dem Radar.
LG
Raik
Tolle Fotos, gutes Licht und sogar mit der Milchstrasse, gratuliere! Wetter ist Glücksache in den Bergen und die Jahreszeiten spielen bei den Farben eine grosse Rolle. Ich kann Dir einen weiteren Besuch im Spätsommer oder Herbst empfehlen.
Liebe Grüsse aus Zürich
Christian
Hallo Yves,
danke für Deinen geografischen Hinweis. Für mich ging es in das Herz der Schweiz, also ziemlich Zentral. Du hast natürlich recht.
LG
Raik
sehr gut geschrieben und sehr schöne Fotos 🙂 Kleiner Hinweis noch: Kandersteg gehört zum Kanton Bern und somit geografisch nicht zur Zentralschweiz ?
Tina, danke Dir 😉
Fantastische Bilder! Die schöne wilde Natur, was noch besser sein kann?
Michael danke, das freut mich wirklich zu hören.
Die Idee mit der Reise dort hin werde ich im Kopf behalten.
Liebe Grüße
Raik
Einfach ein Traum deine Bilder, vielleicht könntest du zu diesem Gebiet einmal eine Foto Reise machen,
LG
Michael